Die Gesellschaftsstruktur

Der Einzelmensch

Beispiel an Hand der Kamille:

Wenn man eine Kamillenpflanze betrachtet, sieht man einen Stamm. Aus diesem Stamm wachsen mehrere Stiele. An diesen Stielen gibt es verschiedene Blütenstadien. Da sind die ganz jungen, noch fest verschlossenen Knospen, dann Blüten mit einem gelben Innenteil und gerade wegstehenden Blütenblättern, dann Blüten, bei denen die Blütenblätter nach unten gerichtet sind und schließlich alte, fast verdorrte Blüten.

Wenn wir uns jetzt anschauen wie sich die Insekten auf der jeweiligen Blütengeneration verhalten, sehen wir, dass zu den verschlossenen Blüten keine Insekten kommen, das heißt hier finden sie noch keine Nahrung. Die vollerblühten Kamillen werden von vielen Insekten angeflogen. Vor allem von jenen, die sehr schnell fliegen, wie z.B. Bienen. Diese verweilen nur kurz an einer Blüte und fliegen sofort weiter zur nächsten - wenn man hier länger zusieht bekommt man ein Gefühl von Emsigkeit und Hektik.

Zu den Blüten, bei denen die Blütenblätter nach unten gerichtet sind kommen diese hektischen Insekten seltener, dafür findet man hier gemütliche, dickere Käfer, diese bleiben sehr lange auf einer Blüte. Auf die alten, verdorrten Blüten verirren sich nur mehr vereinzelte Käfer, es scheint eher zum Ausruhen, als zum Nahrung sammeln.

Wenn wir dieses kurze Beispiel der Kamille auf den Menschen umlegen finden wir genau unsere Struktur wieder:

1. Kinder nehmen viel, geben wenig, rascher Lebensstil

2. Erblühte Menschen nehmen wenig, geben viel, rascher Lebensstil

3. Vollerblühte Menschen nehmen wenig, geben nicht mehr so viel ruhiger Lebensstil

4. Alte Menschen nehmen wenig, geben wenig, sehr ruhiger Lebensstil

In der letzten Zeit haben sich die Gruppen zum Teil vermischt, so dass man nicht mehr genau in Altersklassen trennen kann. Zum Beispiel bekommen viele Frauen mit 40 das erste Kind, es gibt Frühpensionisten mit 35 Jahren etc. Doch in der Menge gesehen kann man nach wie vor von dieser Struktur ausgehen.

Kinder (Personen mit Kindverhalten)

Werden von der Familie - dem Stamm versorgt. Sie müssen nicht für die eigene Ernährung sorgen und tragen noch keine Verantwortung.

Vorteil: Sie brauchen keine Entscheidungen zu fällen.

Nachteil: ein großer Teil des eigenen Lebens unterliegt Fremdbestimmung.

Erblühte Menschen 20 - 45 Jahre

Nehmen vom Stamm (den Eltern) nicht mehr so viel. Die meisten übernehmen schon nährende Funktion, das heißt sie gründen eine eigene Familie. Der Lebensstil ist rasch.

Vorteil: Es kann über das eigene Leben selbst bestimmt werden

Nachteil: Durch das Verantwortung für andere übernehmen, baut sich Leistungsdruck auf. Wenig Zeit für sich selbst, Stress durch Hektik.

Vollerblühte Menschen 45 - 65 Jahre

Meistens ist die körperlich, nährende Funktion erfüllt, es wird jetzt eher geistige Nahrung gegeben. Man nimmt sich mehr Zeit für innere Werte, der Leistungsdruck sinkt, man stellt sich seltener unter Freizeitstress, hat nicht mehr so einen großen Bekanntenkreis, hat eher wenige enge Freunde

Vorteil: Über den eigenen Lebensstil kann noch besser bestimmt werden, weil man bestimmte Rücksichten (Kinder, etc.) nicht mehr nehmen muss

Nachteil: Wenn innere Weisheit nie ausgebildet wurde, kann nichts weitergegeben werden. Diese Menschen fühlen sich dann eher aufs Abstellgleis geschoben.

Alte Menschen

Alte Menschen ziehen sich immer mehr aus dem Gesellschaftsleben zurück. Der Körper wird oft zwangsläufig ruhiger

Vorteil: Der Leistungsdruck entfällt. Muss sich um sein Einkommen nicht mehr kümmern. Kann Lebensweisheit weitergeben.

Nachteil: glaubt, dass seine Erfahrung nicht geschätzt werden und gibt sie deshalb nicht weiter, Einsamkeit

Aus dem Beispiel der Kamille sieht man, dass verschiedene Generationen verschiedene Aufgabenbereiche erfüllen. Alle Teile beziehen ihre Kraft aus dem gleichen Stamm. Dieses Verhalten ist uns abhanden bekommen. Die Stämme haben sich zerstückelt und übrig geblieben sind Einzelmenschen, die allein oder zu zweit versuchen sich Kraft zu holen. Durch das Abgeschnitten sein vom Stamm ist das immer strömende Kraftresovoir versiegt und muss ersetzt werden. Früher war die übliche Familienform die Großfamilie. Die Alten übernahmen die Aufsicht über die Kleinkinder, die Mittleren verrichteten die Arbeit, Kinder halfen in frühester Jugend bei der Arbeit mit. Über die damaligen Probleme zu diskutieren ist heute nicht unser Thema. Wir wollen uns ansehen, wie es zur Zerstückelung der Sippe kam und welche Dinge dabei verloren gingen.

Früher Jetzt
Arbeit ging langsam (Handarbeit) Arbeit schnell (Maschinenarbeit)
Körper und Ausdauer gefordert Rasches Denken u. Handeln
Reisen war beschwerlich Reisen macht Vergnügen
Neuerungen brauchten lange Zeit Heute ist das Aktuelle bald passe
Es gab kaum Unterhaltung Es gibt zu viel Unterhaltung
Leute waren aufeinander angewiesen Keiner "braucht" den anderen
Wer war früher der Tüchtigste Wer jetzt

Aus dieser Gegenüberstellung ist zu ersehen, dass es speziell auf dem Arbeitssektor für die Menschen erstrebenswert war Maschinen, die ihnen die Arbeit erleichtern zu erfinden und zu gebrauchen. Nehmen wir nur das kleine Beispiel einer Waschmaschine. Früher war der Waschtag einer der körperlich anstrengendsten Tätigkeiten der Frau. Heute kommt laut Werbung die Wäsche sauber und wie frisch gebügelt aus der Maschine.

Welche Veränderungen löste der Wunsch nach Maschinen aus?

Die Menschen verließen zum Teil
ihre Landwirtschaft, um in der Stadt
mehr Geld zu verdienen
Zentrumsballung
Väter wurden Pendler Wochenendfamilie
Mütter gingen außer Haus arbeiten Krippenkinder
Die Großeltern arbeiten außer Haus Keine Betreuung der Kinder

Aus durchaus verständlichen Gründen stürzte sich der Mensch ohne viel nachzudenken (vor allem nach dem Krieg) in die Arbeit um sich die Arbeitserleichterung beschaffen zu können. Durch Werbung und zum großen Teil weil der Wunsch nach Luxus tief in uns ist, war es nicht genug eine Waschmaschine, einen Herd etc. zu haben, sondern es wurde weiter Geld beschafft um einen Fernseher, Fernreisen usw. zu erwerben. Damit das alles noch früher zu bekommen ist, bieten die Banken und Versandhäuser Kredite zu überaus "günstigen" Konditionen und da die Raten bald nicht mehr von einem Gehalt zu bestreiten waren gingen auch die Mütter ans Geldverdienen.

Und dann sind wir schon dort, wo wir jetzt sind.

Ein Teil der Veränderungen, die uns jetzt treffen begannen also bei unserer Großelterngeneration. Da stellt sich mir die Frage: was geht in einem Menschen vor der zu einer Zeit geboren wird zu der hauptsächlich Pferdewagen fuhren, wo viele im Dienst von einem "Herren" standen, wo einer der eigenes Land bebaute ein Bevorzugter war und an seinem 60. Geburtstag, wenn er zwei Kriege glücklich überlebt hat, seinen eigenen Wagen besteigt, seinen eigenen Fernseher aufdreht, mit seiner Mutter im Altersheim nur mehr telefoniert und mit seinen Kindern hauptsächlich über die Videokamera kommuniziert.

Viele Leute aus dieser Generation kann man ja jetzt nicht mehr befragen, aber die, die ich gefragt habe sagten: Ja das war eben so, wir haben so viel gearbeitet, da haben wir keine Zeit zum Nachdenken gehabt.

Ich möchte noch dazu sagen, dass es sich hier auf keinen Fall um Anklage oder Schuldzuweisung handelt, sondern ich möchte dieses Thema nur beleuchten um zu sehen, was uns in dieser Zeit verloren ging.

Was ging verloren?

Gefühl für sich und andere, Ruhe, Kommunikation, Wärme und Geborgenheit

Dieses, zum Teil verlorengegangene Gut, es wird in jeder Familie ein bisschen anders sein, ist heute Auslöser für viele Krankheiten unserer Zeit.

Gefühl für eigene Bedürfnisse

Eigene Bedürfnisse sind in der allerfrühsten Kindheit an die Anforderungen der Familie und der Gesellschaft angepasst worden.

Und was hat es uns gebracht?